Gewerkschaft wirft Ryanair rechtswidrige Arbeitsbedingungen vor
Sonntag, 2. Oktober 2016
Bereits vor einigen Monaten ist das Arbeitsmodell der irischen Fluggesellschaft Ryanair in den Fokus des deutschen Zolls geraten. Im Juli kam es in diesem Zuge landesweit zu Durchsuchungen der Privatwohnungen von Ryanair Piloten mit dem Verdacht auf Steuerhinterziehung und Scheinselbstständigkeit. Auch zwei britische Personaldienstleistungsunternehmen waren betroffen.
„Contracting Modell“ der Billigairline
Das sogenannte „Contracting Modell“, das Ryanair verwendet, ist auch bei anderen Billigairlines beliebt. Durch ein solches Arbeitsverhältnis verhindert die Fluggesellschaft, die Piloten selbst anstellen zu müssen. Die Pilotengewerkschaft Cockpit kritisiert dieses System schon seit langem. Auf diese Weise würden die Piloten in die „Scheinselbstständigkeit“ gedrängt und würden nur für die Stunden bezahlt, die sie fliegen, ohne ein festes Grundgehalt zu beziehen. Darüber hinaus würden die Piloten gedrängt, unbezahlte Überstunden zu machen. Durch dieses Arbeitsverhältnis erhält Ryanair eine maximale Flexibilität und spart gleichzeitig an Steuern und Sozialabgaben - zu Lasten der Piloten.
Auf dem Weg zur Leiharbeit
Das neue Modell, welches die irische Fluggesellschaft nun anstrebt, soll den bislang als Freiberufler arbeitenden Piloten eine Festanstellung ermöglichen. Allerdings wird diese nicht mit Ryanair selber, sondern mit der Leiharbeitsfirma BlueSky Resources geschlossen. BlueSky Resources ist eine im August in Dublin gegründete Leiharbeitsfirma, die als Vermittler zwischen den Piloten und der Fluggesellschaft agieren soll. Die eingeleiteten Ermittlungen und auch die Vertragskonditionen lassen darauf schließen, dass BlueSky rein zu dem Zweck gegründet wurde, Ryanair gegen die Vorwürfe der Ermittler rein zu waschen.
Rechtlich problematisch
Auch rechtlich ist das neue Vertragsmodell der Leiharbeitsfirma fragwürdig. Wie Medien berichten, heißt es in einem Informationsschreiben zu dem neuen Vertrag, dass die Piloten im Land ihres Wohnsitzes lediglich Sozialabgaben zu zahlen haben. Die Steuern hingegen sollen in Irland entrichtet werden. Für den deutschen Markt würde dies eine Steuerersparnis für Ryanair bedeuten, da die Steuern in Irland geringer sind als die in Deutschland. BlueSky betont jedoch, dies stünde in Abstimmung mit der deutschen Steuerbehörde.
Aber auch für die Piloten selber gibt das neue Modell nur eine begrenzte Sicherheit: Zwar haben die Verträge eine Laufzeit von 5 Jahren und enthalten eine Verlängerungsoption, allerdings können sie fristlos gekündet werden, sollte Ryanair seine Geschäftsbeziehungen zu BlueSky beenden. Abgesehen davon hält diese Regelung nicht deutschem Recht stand, welches eine sogenannte Arbeitnehmerüberlassung nur für maximal 18 Monate zulässt. Aus diesem Grund legt Ryanair den Verträgen irisches Recht zugrunde, da dieses eine längere Vertragslaufzeit ermöglicht.
Insgesamt arbeitet die irische Airline eng mit verschiedenen Subunternehmen zusammen und schafft es somit, das Recht nach eigenem Gusto auszulegen. Abzuwarten bleibt, was die Ermittlungen der deutschen und anderer Steuerbehörden hervor bringen und welchen Erfolg die Pilotengewerkschaft bei ihrem Kampf gegen die Fluggesellschaft hat. Der Gewerkschaftspräsident von Cockpit Ilja Schulz findet für die von Ryanair vorgeschlagenen Arbeitsverträge deutliche Worte: "Die Verträge dieser neuen Vermittlerfirma Bluesky sind nichts anderes als modernes Sklaventum. Solche Bedingungen haben in unserer modernen Gesellschaft nichts zu suchen". Cockpit rät daher allen betroffenen Piloten, die von Ryanair angebotenen Arbeitsverträge mit BlueSky nicht zu unterschreiben. Die Gewerkschaft hat angekündigt, die Verträge auf ihre Rechtmäßigkeit pürfen zu lassen.
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